Vom Giftpfeil auf der Goldwaage

Führen mit Präsenz – Gedankenanstöße aus der Coaching-Praxis

Blog 6

Es gibt Sätze, die wir im Coaching öfter hören. Einer davon ist uns kürzlich wieder begegnet:

„Nein, das lasse ich nicht auf mir sitzen!“

Manchmal neigen wir dazu, die Worte von anderen auf die Goldwaage zu legen. Und es passiert öfter gerade in Zeiten, wenn wir physisch oder psychisch belastet oder einfach gerade angespannt sind. Wir interpretieren gehörte Worte und geben ihnen ein solches Gewicht, dass wir uns selbst mehr damit schaden, als es der andere jemals intendiert haben kann. Der Giftpfeil ist angekommen. Häufig sind wir dann nicht in der Lage, zu erkennen, dass wir gerade unseren eigenen Film im Kopf laufen haben und deswegen nicht ausgewogen urteilen können. Was in diesen Fällen passieren kann ist, dass wir ein solches Erlebnis auf unserem inneren Konto gegen den Anderen verbuchen. Bei der nächsten Begegnung mit der betreffenden Person kommt uns nicht nur dieses, sondern vielleicht sogar eine ganze Sammlung vergangener Ereignisse hoch und lässt uns unangemessen reagieren. Da fällt irgendwann der berühmte Tropfen in das ohnehin schon randvolle Fass. Und das kann nicht nur im beruflichen Umfeld zu unangenehmen Konsequenzen führen.

Für diese Situationen haben wir eine wunderbare Empfehlung: „Seien Sie großzügig!“ Gerade im beruflichen Umfeld ergibt es überhaupt keinen Sinn, die verbale Goldwaage immer wieder zu bemühen. Im Zweifel erinnern sich andere gar nicht mehr daran, was sie wann gesagt haben sollen. Gerade auch dann, wenn sich die Situation in einem relevanten Setting oder einer größeren Runde abgespielt hat, wo immer auch Statusspiele, Rituale, Verhandlungstaktiken oder schlicht die Tagesform eine Rolle spielen.

Gewöhnen Sie sich stattdessen lieber an, entweder sofort und direkt nachzufragen, wenn Sie etwas nicht verstehen und es wichtig für Sie ist. Oder, falls es Ihnen in der Runde nicht angemessen erscheint, direkt danach bilateral nachzuhaken. Vermeiden Sie es, innere Konten anzulegen, und zwar aus zwei Gründen: für Ihre eigene psychische Hygiene, damit Sie sich nicht daran verschlucken. Und für die Entwicklung Ihres Kontaktes zu anderen. Seien Sie sich bewusst, dass eine schräge Reaktion immer auch einen ganz anderen Hintergrund haben kann, als es sich für Sie dargestellt hat.  Das Prinzip der kommunikativen Großzügigkeit kann Ihnen dabei helfen!